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General Soleimanis Rolle bei der Zerschlagung des IS in Syrien

von Dr. Markus Fiedler | Der am 3.1.2020 ermordete General Qassem Soleimani, der in westlichen Mainstream-Medien häufig als „Terrorist“ geschmäht oder des „Revolutionsexports“ beschuldigt wird, spielte eine herausragende Rolle bei der Zerschlagung der IS-Terrormiliz im Irak und in Syrien. Seine Verdienste dabei werden heute unter den Teppich gekehrt, denn eine Anerkennung würde ja bedeuten, seine Rolle und die des Iran in dieser Region völlig neu zu bewerten. In einem ersten Artikel habe ich mich mit seiner Rolle bei der Zerschlagung des IS im Irak auseinandergesetzt, im Folgenden sollen seine Verdienste in Syrien beleuchtet werden.

Hoffnung auf mehr Gerechtigkeit

Als der „Arabische Frühling“ – eine Serie von Aufständen und Revolutionen in der arabischen Welt, die mit Protesten in Tunesien und den Sturz des tunes. Präsidenten Ben Ali im Jahr 2011 ihren Anfang nahmen – ausbrach, setzte General Soleimani zunächst große Hoffnungen in diese Bewegungen: „Die stärksten und unterdrückerischsten Regierungen sind gefallen und der Rest wird auch fallen…   Heute nimmt eine neue Ordnung in der Welt Gestalt an. Ihr Hauptfundament werden Spiritualität und Gerechtigkeit sein.“[1] Große Erwartungen äußerte er v.a. im Hinblick auf die ägyptische Revolution: „In unserer Region heute haben wir mehr als einen Iran. Heute ist Ägypten der Iran, ob Sie es mögen oder nicht. Die Nation Ägypten ist der zweite Iran, ob es einem gefällt oder nicht.“[2] Hier wird eines der Grundzüge des revolutionären Selbstverständnisses von Soleimani deutlich – er wollte eine „Stimme der Unterdrückten“ sein, den Unterdrückten überall helfen, wo er konnte.[3] So verstand er auch den Islam; das Eintreten für Gerechtigkeit hielt für seine Pflicht hielt, wie es im Koran heißt: „Wir haben unsere Gesandten mit den deutlichen Zeichen gesandt und mit ihnen das Buch und die Waage herabkommen lassen, damit die Menschen für die Gerechtigkeit eintreten…“[4]

Der Krieg in Syrien – ein blutrünstiger Diktator gegen friedliche Demonstranten?

Eine umfassende Analyse des Krieges in Syrien kann hier nicht geleistet werden Es sollen aber im Folgenden einige Punkte verdeutlicht werden, um das Wirken Soleimanis verständlich zu machen.

Nachdem erste Demonstrationen in Damaskus im März 2011 noch keine Resonanz fanden,  gab es in Syrien allerdings auch von Anfang an Angriffe auf Polizeistationen. Die syrische Regierung versuchte die Situation zu beruhigen. Jürgen Todenhöfer hat darauf aufmerksam gemacht, dass „es .. Kräfte“ gab, die keine Beruhigung wollten“. Im Juli 2011 gründeten Aufständische die „Freie Syrische Armee“ (FSA). In Homs eroberten die Aufständischen einige Stadtviertel und es kam hier über Monate zu schweren Kämpfen. Zu Beginn des Jahres 2012 hatte der Krieg das ganze Land erfasst. Doch im Unterschied zu der Darstellung des Krieges in den westlichen Medien hatten die „Moderaten“ im Widerstand nie eine Mehrheit.  Nach dem Beginn der Kampfhandlungen in Syrien 2011 zog al-Baghdadis Organisation nach Syrien, um dort gegen die Regierung von Machthaber Assad zu kämpfen. Sie erhielt über die Türkei und Jordanien ab 2011 Waffenlieferungen von sich „Freunde Syriens“ nennenden Staaten, darunter v.a. aus Saudi-Arabien, Katar und Jordanien.[5] Am 8.4.2013 rief  Abu Bakr al Baghdadi den „Islamischen Staat im Irak und in Syrien“ (ISIS) aus. Der ISIS eroberte 2013/2014 große Gebiete im Norden und Osten Syriens und stieg mit der Zeit zur größten Gruppierung unter den Aufständischen auf.

In den westlichen Mainstream-Medien wird der syrische Präsident Assad meistens als blutrünstiger Diktator bzw. „Schlächter von Damaskus“ dargestellt. Der Schweizer Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser hat dazu festgestellt, dass es sich dabei um „Kriegspropaganda“ handelt, und er fährt wie folgt fort: „Oft funktioniert der Trick. Die Menschen vergessen dann, dass die UNO-Charta Regime Change strikt verbietet, und dass die historische Realität oft weit komplexer ist, als die NATO-Propaganda behauptet.“[6] Den Hauptgrund für den Syrien-Krieg sieht er darin, dass die USA den Sturz von Assad wollen.[7] Der Arabische Frühling wurde zum Anlass genommen, um den nach Umfragen vorher beliebten Präsidenten zu stürzen, Gruppen in diesem Land zu bewaffnen, um einen Regime Change durchzuführen. Es kamen Waffen und Geld ins Land (hauptsächlich – wie in Libyen – aus den reichen Golfstaaten). „Auf den ersten Blick ist es für Christen in Europa und in den USA nicht glaubhaft, dass NATO-Länder Dschihadisten trainierten und mit Waffen versorgten… Doch die historischen Daten zeigen, dass genau dies passiert ist, mit dem Ziel, Assad zu stürzen.“[8] Ein 2015 publik gewordenes DIA-Dokument beweist dies eindeutig, „der Inhalt“, so Jürgen Todenhöfer, „verschlägt einem die Sprache“, denn es beweist, dass NATO-Länder mit den Gruppen kooperieren, die den Bürgern ihrer Länder als die Teufel unserer Zeit, aber zugleich als Vertreter des Islams verkauft werden.[9] Und so ist es nicht verwunderlich, dass Christen in Syrien und Libanon ihre Hoffnungen auf den Iran und Russland setzten und setzen, denn der Westen unterstützt ja diejenigen, die sie bei der Eroberung ihrer Städte und Dörfer massakrierten. So übte auch der syrische orthodoxe Patriarch heftige Kritik am Westen, was aber in den Medien hierzulande natürlich nicht zur Kenntnis genommen wurde.[10]

Von Anfang an waren die mehrmals umbenannte Al-Qaida in Syrien und andere militant-dschihadistische Gruppierungen beim Aufstand gegen Assad führend, keine „moderaten Rebellen“. Man verschweigt den Menschen auch, dass im Falle eines Sturzes von Assad eben nicht Demokraten Syrien regieren würden, sondern vielmehr „dschihadistische“ Gruppen, wie die mehrmals umbenannte al-Qaida. So hatte Peter Scholl-Latour im Jahr 2013 darauf aufmerksam gemacht, dass unter den Assad-Gegnern „inzwischen extremistische Kräfte das Sagen [haben]! … Die wollen einen gemeinsamen Gottesstaat mit dem Irak gründen! Wenn das die Alternative zu Assad ist, dann vielen Dank.“[11] Der bekannte amerikanische Investigativjournalist Seymour Hersh, der u.a. das Massaker der US-Armee in My Lai (während des Vietnam-Krieges) und den Folterskandal in Abu Ghuraib aufgedeckt hatte, kam nach der Sichtung von Wikileaks-Akten 2016 zu dem Ergebnis, dass die USA schon seit Jahren die Destabilisierung Syriens betrieben.[12] In der Folge musste „Assad als neuer Hitler diffamiert werden, abweichende Stimmen … wurden unterdrückt. Seit Kriegsausbruch 2011 wurden in westlichen Medien ‚massive Falschinformationen‘ über Syrien verbreitet, um Assad zu dämonisieren und den Krieg in den NATO-Ländern zu verkaufen, kritisiert der Journalist Helmut Scheben, der 16 Jahre für das Schweizer Fernsehen SRF gearbeitet hatte. Viele Berichte von CNN, ZDF und Spiegel stützen sich einseitig auf die undurchsichtige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte … von Osama Ali Suleiman, der unter dem Pseudonym Rami Abdul Rahman ein ‚PR-Büro der Assad-Gegner‘ betrieb und aus einem Reihenhaus in Coventry nördlich von London Geschichten zu Syrien in die Welt verschickte.“[13]

Soleimani wendet das Blatt in Syrien

Als Soleimani im Jahr 2012 in Syrien ankam, stieg er im militärischen Rang eines Generalmajors aus dem Flugzeug – am 26.1.2011 war er zum Generalmajor ernannt worden und hatte damit den höchsten militärische Rang erreicht.[14] Es soll an dieser Stelle daher ausdrücklich festgehalten werden, dass der Einsatz Soleimanis auf offizieller Einladung der legitimen syrischen Regierung und damit im Einklang mit dem Völkerrecht erfolgte. Der IS und die anderen bewaffneten Banden standen indes kurz vor dem Marsch auf die syrische Hauptstadt Damaskus. Soleimani gelang es, mit Unterstützung der libanesischen Hizbullah und Tausender ins Land kommender schiitischer Milizionäre, die ihren bedrängten und von Massakern bedrohten Glaubensbrüdern zur Hilfe eilten, die damals drohende unmittelbare Niederlage Assads zu verhindern und die Terrorbanden zurückzudrängen.[15] Seine Anwesenheit wirkte geradezu elektrisierend und flößte auch der scheinbar geschlagenen syrischen Armee neuen Mut und Kampfgeist ein. Während der Kämpfe war Soleimani auch immer wieder an den Fronten präsent. Seine Strategie und Taktik erwies sich als erfolgreich, und so gelang es ihm, die scheinbar sichere Niederlage für die reguläre syrische Armee abzuwenden. Im Sommer dieses Jahres befanden sich nur noch ca. 10 % des syrischen Territoriums  unter der Kontrolle der Regierung von Präsident Assad. Die Lage schien mittel- bis langfristig aussichtslos. Die iranischen Militärberater um General Soleimani kamen zu dem Schluss, dass die syrische Armee das weitere Vorrücken des IS, der al-Nustra-Front (heute Dschabhat Fath asch-Scham, die umbenannte al-Qaida) und von deren Unterstützern nur dann eindämmen könnte, wenn die eigenen Bodentruppen konsequent aus der Luft unterstützt würden. Dem Iran stand jedoch in Syrien eine moderne Ausrüstung im Bereich der Luftverteidigung, um Bodenziele effektiv mit Kampfflugzeugen zu bekämpfen, nicht zur Verfügung. Soleimani wird die Entwicklung eines militärischen Plans zugeschrieben, um das Blatt im Krieg in Syrien endgültig zu wenden. Aus diesem Grund reiste er im Sommer 2015 nach Moskau, um dort seinen Plan vorzustellen. In den Gesprächen sollte die russische Führung davon überzeugt werden, sich für militärische Operationen in Syrien gegen IS-Terroristen und deren Verbündete zu entscheiden. Nach Aussagen des Hisbollah-Chefs Nasrallah in einem Interview mit Al Mayadeen hat Soleimani allein mit Präsident Putin zwei Stunden über den erforderlichen russischen Einsatz in Syrien gesprochen.[16] Schließlich erklärte sich Russland im Herbst 2015 bereit, in Syrien militärisch zu intervenieren. Soleimani trägt somit einen entscheidenden Anteil daran, dass sich das Blatt in Syrien wendete und der IS zerschlagen werden konnte. Am 30. September 2015 begann die russische Luftwaffe mit Angriffen gegen die Dschihadisten. Da dieses Hilfegesuch von der legitimen syrischen Regierung kam, bewegte sich auch das russische Eingreifen im Rahmen des Völkerrechts.[17] Der „IS“ geriet nun von mehreren Seiten unter Druck. Die syrische Armee konnte nun mit russischer Hilfe vorrücken. Im Osten des Landes griffen syrische Kurden den IS an.[18] Der „IS“ versuchte das Eingreifen mehrerer Staaten damit zu beantworten, dass er den Terror nach Europa trug. Später wurde dazu aufgerufen, mit einfachsten Mitteln Attentate und Anschläge in Europa durchzuführen.[19] Daraufhin erklärte der UN-Sicherheitsrat in der Resolution 2249 am 20.11.2015 den „IS“ zu einer „weltweite(n) Bedrohung von bislang nicht gekanntem Ausmaß“. Großbritannien berief sich auf diese Resolution, um ebenfalls ab dem 2.12.2015 Luftangriffe auf Ziele in Syrien zu fliegen, was allerdings – wie die Anwesenheit anderer westlicher Truppen in Syrien – völkerrechtswidrig ist, da sie entgegen dem Willen der legitimen syrischen Führung erfolgte. 

Eine wichtige Rolle spielte Soleimani bei der Befreiung Aleppos im Jahr 2016. Im September 2016 wurde er bei einer Inspektion einer etwa 1000 Kämpfer umfassenden irakischen Miliz am Rande der Stadt gesehen.[20] Es kann davon ausgegangen werden, dass Soleimani den Angriff syrischer Truppen mit Hilfe irakischer Freiwilliger, der Hizbullah und Unterstützung der russischen Luftwaffe auf die sich in der Stadt verschanzten Terrorbanden (in westlichen Medien „Rebellen“ genannt) koordinierte. Doch im Unterschied zu der Befreiung Tikrits im Irak (wo er ja von Außenminister Kerry höchstpersönlich gewürdigt wurde) wurde er nun im Westen nicht als Befreier gewürdigt, sondern statt dessen zum Hauptschurken und Buhmann abgestempelt. Warum fielen die Reaktionen wohl so unterschiedlich aus? Er stand dieses Mal ganz einfach auf der falschen Seite und half entscheidend dabei, den vom Westen unterstützten Banden eine empfindliche Niederlage beizubringen. Die deutschen „Qualitätsmedien“ entdeckten wieder einmal das Leid der Zivilbevölkerung – ein Leid, das sie z.B. bei bei den fast gleichzeitig stattfindenden massiven Bombardierungen Mossuls durch die US-Luftwaffe oder bei den saudischen Luftangriffen im Jemen so herzlich wenig interessierte. Die militärische Offensive, die im Dezember 2016 zur Befreiung Aleppos führte, war eindeutig auch ein Verdienst Soleimanis.

Am 21. September 2017 verkündete General Qasem Soleimani, dass der sogenannte „Islamische Staat im Irak und in Syrien“ in weniger als drei Monaten nicht mehr existieren würde.[21] Diese Vorhersage Soleimanis ging in Erfüllung. Beichten zufolge war er bei der Operation zur Befreiung von Jurf Al Sakhar „auf dem Schlachtfeld anwesend“.[22] So verhinderte er es, dass Syrien zu einem zweiten Libyen wurde und Terroristen in Syrien die Macht übernehmen konnten – nicht zuletzt im Interesse auch Europas.

Lesen Sie auch:

Warum Europa Soleimani zum Dank verpflichtet ist?

 

[1]     Soleimani, zitiert nach Azizi, The Shadow Commander 2020, S. 247

[2]     Soleimani, zitiert nach ebenda

[3]     Vgl. Azizi, The Shadow Commander, S. 252

[4]     Koran 57,25

[5]     Vgl. Leukefeld, Flächenbrand 2016, S. 232

[6]     Ganser, Illegale Kriege 2016, S. 284

[7]     Vgl. ebenda, S. 287

[8]     Ebenda, S. 295

[9]     Ebenda, S. 297

[10]   Vgl. das Interview des Patriarchen: http://www.kath.net/news/31907

[11]   Scholl-Latour, Peter, zitiert nach https://www.tz.de/politik/scholl-latour-analysiert-syrien-drama-der-militaerschlag-sinnlos-gefaehrlich-tz-3081517.html

[12]   Seymour Hersh: Die Akte Assad. Cicero, 28. April 2016

[13]   Ganser, Illegale Kriege 2016, S. 287

[14]   Vgl. Azizi, The Shadow Commander 2020, S. 241

[15] Vgl. Christoph Reuter: Das Phantom aus Teheran. In: Spiegel Online. 3. Januar 2020, abgerufen am 4. Januar 2020.

[16]   Vgl.  Laila Bassam, Tom Perry: How Iranian general plotted out Syrian assault in Moscow. Reuters, 6. Oktober 2015, abgerufen am 12. Januar 2021.

[17]   Vgl. Ganser, Illegale Kriege 2016, S. 316

[18]   Vgl. ebenda, S. 317

[19]   So rief der „IS“ zu Angriffen mit Messer auf der Straße, im Wald oder am Strand auf. Vgl. Ozimek, Sonja: „‘Totale Kriegserklärung‘: IS ruft zu Terroranschlägen in Europa auf“, in: Epoch Times vom 17.10. 2016, http://www.epochtimes.de/politik/welt/totale-kriegserklaerung-is-ruft-zu-terroranschlaegen-in-europa-auf-a1945249.html ; zuletzt abgerufen am 31.8.2017

[20]   https://www.tagesspiegel.de/politik/irans-maechtiger-schattenmann-wie-kommandeur-soleimani-in-syrien-agiert/14961748.html

[21]   Vgl. „Echo of Islam“, Magazine of ITF, Teheran, Ausgabe Nr. 271, Januar 2021, S. 10

[22]   Ebenda

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