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Gewaltfreier Dialog im interreligiösen Kontext

Hamid Kasiri | In unserer Zeit kann von zwei wichtigen Zugängen zum Menschen und zu seiner Kultur, Zivilisation und zu den Religionen gesprochen werden. Einer ist der des US-amerikanischen Politologen Samuel P. Huntington, der für das 21. Jahrhundert einen ›Zusammenprall der Zivilisationen‹[1] voraussagte. Er identifizierte die islamische Zivilisation als Hauptkonkurrent des Westens und belebte die These von der Unvereinbarkeit des Islam mit der westlichen Modernität. Obwohl seine These Befürworter in der Politik hatte, entfachte sie vor allem in den letzten Jahren Diskussionen und Kontroversen und wurde teilweise scharf kritisiert.[2]

Angesichts der These des ›Clash of Civilizations‹ entwickelten wir den gewaltfreien Dialog, durch den wir nicht etwa eine komplexe Realität in vorgefertigte Muster pressen wollen, sondern dem Menschen unserer Zeit einen Weg zeigen, der zu einem gerechten, friedlichen Zusammenleben führt. Hat aber ein solcher Zugang genug Kapazität, um der Welt angesichts der Auffassung vom Zusammenprall der Kulturen eine konstruktive, friedliche und gerechte Anschauung zu präsentieren?

Die schiitische gewaltfreie Anschauung, die sich auch im Dialog manifestiert, ist grundsätzlich verschieden von der Huntingtons. Die Zustimmung zum gewaltfreien Dialog erfordert eine andere Art, die Welt zu sehen. Hier werden Glaube und Vernunft als Geschenke Gottes angesehen, die nicht im Widerspruch zueinanderstehen, sondern einander ergänzen. Sie gehen dialogisch mit einander um, und sind an sich unvereinbar mit Gewalt. Weder die Vernunft noch der Glaube dürfen zur Gewaltanwendung verwendet werden, obwohl beide leider oftmals als Instrumentarien der Gewalt ausgenutzt worden sind und werden.

Unsere Theorie und diese Studie bemühen sich, durch gewaltfreien Dialog Gruppenidentitäten zu konzipieren, die als Orientierungshilfen und Identifikationen mit einer gewaltfreien Lebensweise verstanden werden können. Eine solche Wahrnehmung der Identitäten ist besonders aktuell, da sie eine neue Entwicklung in Umgang mit Gewalt und innerhalb der Gewaltfreiheit darstellt.

 

Lesen Sie weiter unter:

http://spektrum.irankultur.com/wp-content/uploads/2020/10/06_Gewaltfreier-Dialog_.pdf

 

[1]     Huntington, S. P.: Kampf der Kulturen, München 21997.

[2]     Siehe dazu: Volker Matthies: Immer wieder Krieg? Wie Eindämmen? Beenden? Verhüten? Schutz und Hilfe für die Menschen? Opladen 1994, Kap. 2. u. 3; Gazi Ça´glar, Der Mythos vom Krieg der Zivilisationen. Der Westen gegen den Rest der Welt. 2. Aufl. Münster 2002, 43-47; Andrei P. Tsygankov: »The Irony of Western Ideas in a Multicultural World: Russians’ Intellectual Engagement with the ›End of History‹ and ›Clash of Civilizations‹.« In: International Studies Review 5.1 (2003). S. 53-76; Amartya Sen: Die Identitätsfalle. Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt. Bonn 2007, bes. S. 17-71.

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