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Zum 3. Jahrestag der Ermordung General Soleimanis

General Soleimanis Rolle bei der Zerschlagung der IS-Terrormiliz im Irak
Von Dr. Markus Fiedler 

Der Aufstieg der IS-Terrormiliz und die Errichtung des Kalifats

Am ersten Tag des islamischen Fastenmonats Ramadan 1436, was dem 29. Juni 2014 n. Chr. entspricht, rief die IS-Terrormiliz ein Kalifat aus. Der Chef der Terrormiliz, Abu Bakr al-Baghdadi, nannte sich nun „Kalif  Ibrahim“. Al-Baghdadi wurde nach Darstellung des US-Militärs im Februar 2004 in Falludscha gefangen genommen, und er verbrachte danach zehn Monate lang im Camp Bucca, das als „Al-Qaida-Schule“ galt.[1] James Skylar Gerrond, ehemaliger Sicherheitsoffizier von Camp Bucca, nannte das Camp einen „Dampfdrucktopf für Extremismus“[2]. Es erscheint merkwürdig, dass ausgerechnet ein US-Gefangenenlager als Treffpunkt für Terroristen galt und ihnen die Möglichkeit eröffnete, Kontakte zu knüpfen und sich für den Kampf weiter zu schulen, weshalb es auch als durchaus plausibel erscheint, dass viele dieser Terroristen von US-Diensten angeworben wurden.[3] Der ehemalige NATO-Oberbefehlshaber, US-General Wesley Clark, bemerkte dazu: „Wir haben das Frankenstein-Monster geschaffen.“[4] Al-Baghdadi lernte im Camp Bucca jedenfalls die Offiziere der ehemaligen Armee kennen, die danach in die Führung des IS aufstiegen und den beispiellosen Erfolg der nächsten Jahre ermöglichten.[5]

Der IS stößt auf Bagdad vor

Das „Kalifat“ entwickelte nach seiner Ausrufung eine gewisse Anziehungskraft auf junge Salafisten weltweit, die in das Gebiet des IS strömten, um für ihren Traum von einem Islamischen Staat zu kämpfen. So ließen sich auch Tausende junger Männer und Mädchen in Europa von der IS-Propaganda verführen und begaben sich über die Türkei in das Kampfgebiet, wodurch die Zahl der IS-Kämpfer unaufhörlich wuchs. Auch aus Deutschland begaben sich einige junge „Dschihadisten“ in das vom „IS“ beherrschte Territorium.[6]

 Die IS-Terrormiliz ging im Sommer 2014 auch im Irak in die Offensive. Mit nur 1500-2000 Kämpfern eroberte der IS am 6. Juni 2014 die 1,5 Millionen Einwohner zählende Stadt Mossul, in der sich offiziell Polizei und Militär in der Stärke von 25000 Mann befanden. Eine Serie von Selbstmordattentaten in der Stadt und die in Pick-ups über die syrische Grenze anrückenden ISIS-Kämpfer, die bereits durch ihren Namen Angst und Schrecken verbreiteten, trieben die irakischen Einheiten in die Flucht. Dadurch fielen eine große Menge an Waffen und Munition in die Hände des ISIS. Weiterhin erbeutete man durch die Plünderung der Banken etwa 300-400 Millionen Dollar.[7]

Beim Vormarsch im Irak kamen dem ISIS die weit verbreitete Unzufriedenheit der sunnitischen Bevölkerung durch die verfehlte Politik des irakischen Ministerpräsidenten al-Maliki zu Gute.[8] Im Kampf gegen die irakische Armee hatte sie u.a. auch die Baathisten der „Armee der Männer des Naqshbandi“ als Verbündeten.[9]

Nachdem der IS die nordirakische Millionenstadt Mossul erobert hatte, rief der IS-Führer al-Baghdadi hier am Juni 2014 das Kalifat aus. Im Juni 2014 eroberte der IS die Stadt Tikrit im Irak, die Heimatstadt Saddam Husseins. Der weitere Vormarsch auf Bagdad und der Fall der Stadt schien unmittelbar bevorzustehen. Wer sollte den IS noch aufhalten?

General Soleimanis Einsatz brachte die Wende

Es war der Einsatz von General Soleimani, Kommandeur der Quds-Einheit der iranischen Revolutionsgarden, der die Wende brachte und der die Pläne des IS durchkreuzte. Es war seine fachkundige militärische Beratung, die die Einnahme von Bagdad und Erbil verhinderte und die IS-Angriffe zurückschlug.[10] Soleimani wird als „Dreh- und Angelpunkt“ beschrieben, der die schiitischen und kurdischen Kräfte im Kampf gegen den IS zusammenführte und gemeinsamen Operationen koordinierte.[11] Die Niederlage des IS war das Ergebnis einer ungewöhnlichen Partnerschaft von irakischen und kurdischen Soldaten, die durch die Bemühungen und Ratschläge von General Soleimani zustande gekommen war.

Im Kampf gegen den IS im Irak im Sommer 2014 unterstützte Soleimani als Militärberater zunächst die irakischen Milizen in Amirli.[12] Diese seit Längerem belagerte Stadt war die erste irakische Stadt, die einem IS-Großangriff standhielt. Auch hier hatte Soleimani irakische und kurdische Verbände zusammengebracht und ihre Operationen koordiniert.[13]

In der Großoffensive auf Tikrit im März 2015 übernahm Soleimani das Kommando über die schiitische Badr-Brigade, Diese Offensive kann als der bis dahin größte Angriff gegen den IS gelten.[14]  Der Angriff war erfolgreich und war der erste große Rückschlag für den IS. Kein geringerer als US-Außenminister John Kerry erkannte übrigens damals öffentlich die Verdienste Soleimanis bei der Befreiung Tikrits an –  die Rolle des Mannes bei der Bekämpfung des IS, den sie heute als Terroristen schmähen.[15]

Mit der Zeit gelang es, den IS im Irak mehr und mehr zurückzudrängen. Qassem Soleimani spielte dabei eine nicht hoch genug zu veranschlagende Rolle. Soleimani war  nicht nur ein talentierter militärischer Stratege, sondern auch eine Persönlichkeit, die Konkurrenten und Feinde zusammenbringen und sogar versöhnen konnte. Selbst der ARD-Kommentator Reinhard Baumgarten antwortet auf die Frage, ob Soleimani nur ein einfacher militärischer Haudegen war, wie folgt: „Nein, der Mann war ein begnadeter Strippenzieher. Er hat Gruppen und Menschen zusammengebracht, die eigentlich nicht miteinander können. Zum Beispiel im Irak, wo er konkurrierende schiitische Milizen zusammengeführt hat. Und es ist ihm auch gelungen, sunnitische Gruppierungen für seine Zwecke einzuspannen.“[16] Soleimani hat im Irak letztlich auch Schiiten und Sunniten, ja auch Muslime und Christen, im gemeinsamen Kampf gegen den IS zusammengeführt, wo er auch  gemeinsam verehrt wird und ihm für die Befreiung vom IS gedankt wird. 

Qassem Soleimani übernahm persönlich das Kommando bei einer Operation unter dem Decknamen Fadschr 3, wobei er die militärische Offensive zur Befreiung der an der Grenze zum Irak liegenden ostsyrischen Stadt Al-Bukamal plante und koordinierte. Die vom IS besetzte Stadt wurde dabei von syrischer und irakischer Seite eingekreist und der IS hier zerschlagen. Ein Augenzeuge berichtete wie folgt über den Einsatz von Qassem Soleimani während dieser Schlacht: „Ihr hättet ihn in Syriens Al-Bukamal sehen sollen. Das Gefecht hatte seinen Höhepunkt erreicht. Es herrschte Nahkampf und er war nur wenige Meter davon entfernt. […] Bei einer Gelegenheit schaute ein Hizbullah-Kämpfer zu den Feinden und dann zurück zum Hadsch (Soleimani), dem seine Sicherheit gleichgültig schien.“[17] Es war der letzte richtige Kampfeinsatz Soleimanis im Irak. Der tiefgläubige General schien wie immer keine Furcht zu kennen und riss seine Männer durch seine Tapferkeit und seinen Einsatz im Kampf mit.

Der oberste schiitische Geistliche des Irak, Großayatollah Sistani, hat in einer Botschaft an das iranische Revolutionsoberhaupt, Ayatollah Khamenei, die Verdienste Qassem Soleimanis bei der Befreiung des Irak wie folgt gewürdigt: „Die Nachricht vom Märtyrertod des hochrangigen Generals Qassem Soleimani (Möge Gott sich seiner erbarmen) hat  großes Bedauern erregt. Die einzigartige Rolle des Verstorbenen in all den Jahren im Kampf gegen die IS-Mitglieder im Irak sowie seine unzähligen Bemühungen, die er auf diesem Wege erbrachte, bleiben unvergesslich.“[18]

Lesen Sie auch:

https://www.irankultur.com/soleimani-europa/

 

[1]     Vgl. Kalifat des Schreckens 2015, S. 74

[2]     Gerrond, James Skylar, zitiert nach Leukefeld, Flächenbrand 2016, S. 117

[3]     Hier stützt man sich z.B. auf Aussagen eines Al-Qaida-Kommandeurs im arabischen Sender Al- Mayadeen (Libanon). Vgl. dazu Leukefeld, Flächenbrand 2016, S. 116 f.

[4]     https://www.voltairenet.org/article186970.html

[5]     Vgl. Steinberg, Kalifat des Schreckens 2015, S. 74

[6]     Vgl. Steinberg, Kalifat des Schreckens 2015, S .97

[7]     Vgl. ebenda, S. 97

[8]     Vgl. dazu ebenda, S. 100 ff.

[9]     Vgl. ebenda, S. 99

[10]   Vgl. „Echo of Islam“, Magazine of ITF, Teheran, Ausgabe Nr. 271, Januar 2021, S. 10

[11]   Vgl. ebenda

[12]   Vgl. „Echo of Islam“, Magazine of ITF, Teheran, Ausgabe Nr. 271, Januar 2021, S. 10

[13]   Vgl. „Echo of Islam“, Magazine of ITF, Teheran, Ausgabe Nr. 271, Januar 2021, S. 10

[14]   Birgit Svensson: Die Schlacht um Tikrit beginnt. In: Weser Kurier. 4. März 2015, zuletzt abgerufen am 4. Januar 2021.

[15] Samia Nakhoul: Iran weitet seine Macht vor der Atom-Einigung aus. Reuters, 25. März 2015, zuletzt abgerufen am 4. Januar 2020.

[16]   https://www.tagesschau.de/ausland/soleimani-faq-101.html

[17] https://www.english.alahednews.com.lb/51139/498 ↩︎

[18]   https://iqna.ir/de/news/3002096/ajatollah-sistani-spricht-imam-chamenei-sein-beileid-aus

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