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17. Int. Festival der ethnischen Gruppen im iranischen Gorgan

Das 17. Internationale Festival der Ethnisches Gruppen und Stämme, das vom 16. bis 19. Dezember in Gorgan, der Hauptstadt der iranischen Provinz Golestan, stattfindet, wird oft als Fest bezeichnet. Es jedoch nur als kulturelles Ereignis zu betrachten, verkennt seine tiefere Bedeutung.

Im Laufe der Jahre hat sich das Festival zu einem stillen, aber wirkungsvollen Instrument für Tourismusentwicklung, Wirtschaftsförderung und Kulturdiplomatie entwickelt. Es bietet möglicherweise sogar einen aufschlussreichen Einblick in Irans Umgang mit Identität im Inland und Beziehungen im Ausland.

Allein schon die Größe der Teilnehmerzahl macht die Veranstaltung einzigartig. Künstler, Ritualdarsteller und Kunsthandwerker aus ganz Iran verwandeln Gorgan zusammen mit Gästen aus den Nachbarländern in einen temporären Schmelztiegel der Kulturen. Durch die kontinuierliche Ausrichtung hat sich die Stadt als seltene, semipermanente Bühne für die öffentliche Präsentation der ethnischen Vielfalt Irans etabliert – eine Rolle, die nur wenige Städte des Landes so beständig innehaben.

Die besondere Bedeutung des Festivals liegt darin, dass es vereinfachte oder stereotype Darstellungen der ethnischen Gruppen Irans infrage stellt. In einer Zeit, in der Medien kulturelle Unterschiede oft verwischen, ermöglicht das Festival eine unmittelbare Begegnung mit gelebten Traditionen: Musik wird aufgeführt statt archiviert, Rituale werden vollzogen statt beschrieben und Bräuche werden praktiziert statt inszeniert. Diese Unmittelbarkeit unterhält nicht nur, sondern prägt das öffentliche Verständnis und stärkt ein gemeinsames nationales Gefüge, das auf Vielfalt statt auf Uniformität beruht.

Auch eine klare wirtschaftliche Logik spielt hier eine Rolle. Laut Fereydoun Fa’ali, dem Tourismuschef von Golestan, werden auf dem diesjährigen Festival über 80 Stände mit Kunsthandwerk aus dem ganzen Land und rund 50 Stände lokaler Kunsthandwerker zu finden sein. Für viele dieser Kunsthandwerker sind solche Veranstaltungen keine bloßen Symbolgesten, sondern lebensrettende Maßnahmen – seltene Gelegenheiten, neue Käufer zu erreichen, Märkte zu testen und den Lebensunterhalt kleiner Betriebe zu sichern, die außerhalb der saisonalen Tourismuszyklen ums Überleben kämpfen.

Die internationale Ausrichtung des Festivals verleiht ihm eine zusätzliche Bedeutungsebene. Mit Teilnehmern aus Zentralasien, der Türkei, Pakistan und Afghanistan sowie mehreren Abenden, die speziell den zentralasiatischen Kulturen gewidmet sind, fungiert die Veranstaltung als bescheidener, aber wirkungsvoller Akt der Kulturdiplomatie. In einer Zeit, in der die formalen politischen Kanäle oft angespannt sind, wird das gemeinsame Erbe zu einer Sprache des Dialogs und positioniert Golestan als kulturelle Brücke zwischen dem Iran und seiner weiteren Nachbarschaft.

Auch der Tourismus spielt dabei eine entscheidende Rolle. Das Festival, das während der Herbst- und Winterreisezeit stattfindet, zieht Besucher aus dem ganzen Land an, von denen viele ihren Aufenthalt verlängern, um die Naturlandschaften und historischen Stätten Golestans zu erkunden. Begleitprogramme wie geführte Touren, die von lokalen Behörden unterstützt werden, verstärken diese Wirkung, indem sie längere Aufenthalte und einen breiteren Wirtschaftskreislauf fördern.

Jenseits von Zahlen und Märkten erfüllt das Festival eine subtilere Aufgabe: die Vermittlung kulturellen Gedächtnisses. Rituelle Tänze, einheimische Musik, lokale Küche und traditionelle Kleidung werden nicht als nostalgische Relikte inszeniert, sondern als lebendige Praktiken präsentiert. Gerade für jüngere Iraner kann diese Begegnung abstrakte Vorstellungen von „immateriellem Kulturerbe“ in etwas Unmittelbares und Persönliches verwandeln.

Das Kunsthandwerk bildet das Zentrum dieser Kulturwirtschaft. Direktverkäufe, Kontakte zu Großabnehmern und sogar informelle Exportmöglichkeiten ergeben sich regelmäßig aus dem Festival, und viele Kunsthandwerker berichten von anhaltenden Vorteilen auch lange nach dessen Ende. In diesem Sinne verdeutlicht die Veranstaltung eindrucksvoll, dass Kultur, wenn sie als lebendiges System und nicht als dekoratives Gut betrachtet wird, sowohl Sinn als auch materiellen Wert generieren kann.

Das Festival der Stammeskulturen in Gorgan lässt insgesamt eine weitergehende Erkenntnis erkennen. Kultur, die in der Politik oft an den Rand gedrängt wird, kann als Infrastruktur fungieren – sie fördert den Tourismus, prägt die Identität und ermöglicht den Dialog über Grenzen hinaus.

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