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Bekanntschaft westlicher Künstler mit der orientalischen und islamischen Kultur und Kunst durch internationale Ausstellungen (1951-1910)

Parisa Shad Ghazvini | Orientalistische Akademien, die im frühen 17. Jahrhundert im Einklang mit kolonialen Zielen und für ein besseres Kenntnis über die arabische und türkische Sprache in Europa gegründet wurden, beschäftigten sich ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – dieses Mal zwecks postkolonialer Ziele – ernsthafter mit der außereuropäischen bzw. exotischen Kultur und Kunst, vor allem der islamischen Kunst. Bis dahin waren diese Akademien nicht in der Lage gewesen, tiefgreifende Arbeit zu leisten, was nur zu einer begrenzten Kenntnis über der orientalischen Kultur und Kunst führte. Ernst Kühnel, ein bekannter deutscher Orientalist und Forscher der islamischen Kunst, schreibt über das Interesse an orientalischer Kultur und Kunst in Europa: „Was der gebildete oder ungebildete Mitteleuropäer […] sich unter den Kunsttechniken der islamischen Welt denkt, ist in der Regel nichts als ein Phantasieextrakt aus jenem Sagen- und Fabelreich des Morgenlandes, das bei uns seit der Zeit der Kreuzzüge alle konkreten Anschauungen verdrängt und sich später besonders durch die Sammlung von tausendundein Nächten allzu heimisch eingebürgert hat. Auf solcher Basis entstanden die Orientbazare, die von jeher wesentlich dem europäischen Geschmack und seinen romantischen Bedürfnissen dienten und uns fast ausschließlich mit den kläglichen modernen Erzeugnissen der verwahrlosten mohammedanischen Kunstindustrie versorgten.“

Schon seit langem waren Teppiche für die westliche Gesellschaft mehr als alle anderen außereuropäischen bzw. exotischen Künste und Artikel von Bedeutung. Europäische Künstler, Sammler, Aristokraten und Kaufleute widmeten Orientteppichen, insbesondere Knüpfteppichen aus Persien, besondere Aufmerksamkeit und sammelten Informationen über sie. Über andere Kunstbereiche des Orients gab es sehr wenig Auskunft. Im 19. Jahrhundert waren Kunsthandwerke wie handgewebte Stoffe, Waffen, Kelims, Kleinteppiche sowie Keramik-, Glas- und Metallgeschirr die üblichsten Gegenstände, welche die Europäer normalerweise von  ihren Orientreisen nach Europa mitbringen oder Händler sie der Mittelschicht als Luxusgüter verkaufen konnten. Seit der Kolonisierung von Ländern wie Ägypten, Indien und islamischen Ländern Nordafrikas wurden wertvolle kulturelle und künstlerische Werke aus diesen Regionen nach Westeuropa transportiert. Diese Gegenstände wurden seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Privatsammlungen aufbewahrt, später jedoch mit der Eröffnung internationaler Ausstellungen, insbesondere Museen für islamische Kunst, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die öffentliche Ausstellung dieser Gegenstände stieß bei den Europäern auf ein breites Interesse für islamische Kunst.

Bis dahin war es für die Europäer kaum möglich, zwischen den Kunsthandwerken verschiedener orientalischer Länder, deren Merkmalen, Epochen und Anfertigungsmethoden zu unterscheiden. Erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten sie mit Kunstausstellungen und das Nebeneinanderstellen von Kunstwerken verschiedener Nationen, einschließlich des Orients und der islamischen Länder, die kulturellen und strukturellen Merkmale jedes einzelnen Landes erkennen. Vor Eröffnung der Museen waren es die Ausstellungen, in denen die Werke der islamischen Welt ausgestellt wurden. Die Ziele der Ausstellungen waren grundsätzlich dieselben, und zwar, anderen Nationen die industrielle Kraft, den Fortschritt, die Unterschiede und die industriellen Eigenschaften europäischer Länder zu zeigen. Nebenbei präsentierten andere Länder ihre kulturellen und künstlerischen Werke. Doch Ziel der Ausstellungen für orientalische Kunst und Kunsthandwerk war es, einerseits den Europäern unmittelbar die Kunst und Kultur der orientalischen Völker vorzustellen. Andererseits konnten Orientalisten und Künstler detailliertere Informationen über orientalische Kultur und Kunst sammeln.

Von 1851, als die erste Weltausstellung im Londoner Hyde Park stattfand, bis 1910, als in München die „Ausstellung von Meisterwerken Mohammedanischer Kunst“ eröffnet wurde, fanden Dutzende internationale Ausstellungen für orientalische Industrie und Kunst sowie über die islamische Welt in europäischen Industrieländern statt, die zur direkten Konfrontion europäischer Künstler mit der orientalischen Kultur, Kunst und der islamischen Welt, unter anderem des Iran, führten. Es erwachte zudem das Interesse der Künstler an der Nachahmung ihrer visuellen und inhaltlichen Merkmale. Dies führte zu einem technischen Wandel, der Ideenbildung in der europäischen Kunst und zur Bildung einer neuen Welle von Stilen, die auf der Vorstellungskraft und Vereinfachung beruhten. Die Entstehung der kunstgeschichtlichen Stilrichtungen Art nouveau (Jugendstil), Abstraktismus, Fauvismus und Kubismus wurden von diesem neuen Verständnis beeinflusst.

http://spektrum.irankultur.com/wp-content/uploads/2021/10/9-Bekanntschaft-westlicher-K%C3%BCnstler-3.pdf

Parisa Shad Ghazvini: Associate Professor an der Alzahra University, Teheran, Iran, E-mail: shadparisa@yahoo.com.

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