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Iranisches und islamisches Heldenbild im Wandel der Zeit

Sonja Anwar*| Der Iran, das historische Persien, gehört zu den ältesten Kulturen weltweit und blickt auf eine mehrtausendjährige Geschichte zurück. Was ein Held ist und welches Ansehen er (oder sie) genießt, erklärt sich noch heute aus den Wurzeln der zoroastrischen Epoche. Mythen und Heldensagen reichen also, ebenso wie die Etymologie des Begriffes „Held“, weit in die Vergangenheit. Bedeutende Quellen sind bis heute die awestā, die heilige Schrift des Zoroastrismus (entstanden zwischen 2000 und 1000 v. Chr.) und die šāhnāme -Sage, das Buch der Könige der vorislamischen Zeit, verfasst um 1000 n. Chr. von dem Dichter ferdosī. Die frühesten Charakterstudien und Heldenberichte stammen aus der zoroastrischen Antike, in der es ein Glaubenssystem gab, das vollkommen anders war als jenes des hellenistischen oder römischen Westens. Dort baute man Göttern riesige Tempel. Im antiken Persien fanden sich die Altäre hoch oben in den Bergen und die Darstellungen und Beschreibungen der großen Könige wurden in Felswände geschlagen (vgl. Hinnells 1997, S. 24), wo die antiken Priester Sonne, Mond, Erde, Feuer, Wasser und die Winde lobpreisten. In dieser antiken Welt erzählte man sich die Heldensagen von ǧamšīd (oder Êamšid bzw. Yīmā  – siehe Fußnote), einem Beschützer der Welt oder fereydūn, der Iran vom Tyrannen zaḥḥāk befreite (in der awestā ein Drache, in der šāhnāme ein böser Mensch) oder goštāsp, einem eher tragischen Helden, der seinen eigenen Sohn um den verdienten Lohn als Heerführer betrügt u.v.a. (vgl. ebd., S. 42 ff.) . Zarathustra – nach ihm ist diese Epoche benannt – war ein Priester und Philosoph. Nach seinem Ableben breitete sich die von ihm gekündete Lehre über Persien aus. Die Lehre des Zarathustra beruht in ihrem Kern auf den Prinzipien Gutes Denken, Gutes Reden, Gutes Handeln (vgl. ebd., S. 62).

Erst seit dem Untergang des Sassanidenreiches (ca. 642 n. Chr.) und der Eroberung Irans durch Arabien gehört der Iran zu den islamischen Staaten. Die islamische Geschichte des persischen Kulturraumes ist demnach noch verhältnismäßig jung. Diese islamische Eroberung war die historische Grundlage für die šāhnāme, weltliterarisch bedeutendes Schriftwerk iranischer Literatur (siehe hierzu Bürgel 1990, 301 ff.), das einen Rückblick von der Entstehung der Menschheit bis in die Gegenwart ferdosīis bietet. Sein „Buch der Könige“ berichtet von der zoroastrischen Epoche, ihrer Kultur und Heldenmythologie. Der Autor benötigte für die Fertigstellung des Buches 35 Jahre. Mit nahezu 60.000 Versen ist es mehr als doppelt so umfangreich wie Homers Epen und mehr als sechsmal so lang wie das Nibelungenlied. Der historische Kern dieses Werkes war die islamische Eroberung Persiens im siebenten Jahrhundert. In der islamischen Religion gilt als Heldentum der „große ǧehad“, der heroische Kampf gegen sich selbst, die eigenen Abgründe, das Ringen darum, ein besserer Mensch zu sein. Wer persische Medienheldinnen und -helden verstehen möchte, muss sich daher für die zoroastrische und islamische Mythenwelt interessieren.

* Universität Tehran, Teheran, Iran. E-Mail: sonjaanwar@yahoo.com
http://spektrum.irankultur.com/wp-content/uploads/2021/12/1-Iranisches-und-islamisches-Heldenbild-im-Wandel-der-Zeit-1.pdf

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